“Ich hab mich schon sinnlos geprügelt, aber nicht ohne Grund.”
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Nachdem unser miesepetriger Medienexperte seinen Tag mal wieder mit “New World” verbrachte, schwang er sich am Abend doch noch vor die Webcam, um im Livestream eine neue Hintergrundbilder anzufertigen und sich über Hater aufzuregen:
Rainerle hockt an seinem virtuellen Strand und schweigt vor sich hin.
Musik an. (Die Stille war irgendwie angenehmer …)
Nach einiger Zeit lässt er uns daran teilhaben, wie er in GIMP ein fürchterlichen “Donnerstaghintergrund” zusammenklickt.
Danach geht es mit “den anderen Wochentagen” weiter. (Wie gut, dass du in deinem Leben aktuell keine anderen Probleme hast.)
“Bin gleich widder da …”
Er kehrt zurück: “Ziemlich ärgerlich … Ich hab meine mobile Festplatte verlegt.” (Die wurde doch bestimmt von den Hatern geklaut - genau wie deine 600 DVDs.)
Rainerle schnauft vor sich hin und muss immer wieder eine Pause einlegen. (Du verrichtest ja auch wirklich absolute Schwerstarbeit. Aber mal ehrlich: Was du gerade hinferkelst, könnte ein dressierter Affe in kürzerer Zeit mit einem besseren Ergebnis abliefern.)
Herzhaftes Gähnen. (Es ist wirklich extrem langweilig.)
Für Sonntag braucht er kein Bild, “weil da is’ ja der Mitgliederstream”. (Für zahlende Mitglieder muss man sich also erst recht keine Mühe geben, schon klar.)
Rainerle versucht anhand eines Cliparts eine Hand, die die Metalgabel zeigt, nachzumalen und ist kurz vor dem Verzweifeln, weil es einfach nicht gelingen will. (Du bist aber auch echt selten dämlich. Sorry.)
Genervtes Schnaufen.
“Und, wie sieht des aus? Wahrscheinlich ziemlich scheiße.” (Das könnte man so sagen, ja.)
“Sieht des echt so grausam aus? Ich find’s eigentlich ganz cool. Des sollte halt irgendwie künstlerisch ausschauen, irgendwie kantich und eckich und alles.”
Nach zwei Stunden und 22 Minuten erklärt er die Arbeit an den Hintergrundbildern für beendet.
Noch mehr geräuschvolle Gähnerei.
Enerdschie geht rein.
Nun ist es an der Zeit, sich in “New World” einzuloggen … (Hoffentlich ist die Warteschlange nicht so lang, damit du endlich offline gehst.)
“Ernsthaft? Jetzt sind vor meiner Haustür Leude!”
Wechsel zur Überwachungskamera und den “asoziale[n] Sackkgesichter[n]”.
“Ich bin wegen den Hatern immer unter Druck. […] Die sind immer da und stressen die ganze Zeit rum. Und da isses kein Wunder, dass man sich die ganze Zeit drüber aufregt. Und da isses auch kein Wunder, dass man früher oder später ausrastet.”
In den “Sommerferien” sind “teilweise täglich 100 Leude” vor seinem Haus aufgeschlagen - da ist die Polizei manchmal sogar “mit fuffzich, hundert Mann angetanzt”.
“Das Problem is’ nicht, dass die da sind. […] Das Problem is’, dass man nicht weiß, was sie machen.”
Rainerle hat “keine Gelegenheit, etwas zu ändern”.
Der Vertrag für den Hausverkauf ist zwar schon unterschrieben, doch “noch isses nicht rechtskräftich”.
“Wenn ich bei der Polizei anruf’, dann isses immer ‘n Fall, wo ernsthaft is’.” (Jetzt fange ich aber gleich an zu lachen.)
“Ich bin 'n Mensch, ich hab Intelligenz.”
Autos der Marke Mercedes sind “schwul” und nur eine “Schwanzverlängerung” - und das sagt er nicht, weil er sich keinen Mercedes leisten kann!
Affenkeks und Regenbogenschaf hat er “mundtot gemacht” … bla bla bla …
Rainerle referiert über die Missstände unserer Gesellschaft: “Wir realiseren nicht, dass das Internet real is’.”
Ihn im Internet zu beleidigen, ist einfacher, als es “face to face” zu tun.
Kurzum: Er ist nicht Derjeniche und verteidigt sich immer nur.
Während seiner “Punkzeit” hat er damals in Nürnberg “Leuten auf die Fresse gehauen, nur weil sie andere Klamotten anhatten oder so”: “Ich bin damals auch nie erwischt worden mit sowas.” (Das spricht nicht unbedingt für dich.)
“Ich hab niemals - NIEMALS, mein ganzes Leben lang nicht - jemanden grundlos aufs Maul g'haut.” (Das Tragen der falschen Klamotten geht dann also als Grund durch? Oder hast du schon vergessen, was du vor drei Minuten von dir gegeben hast?)
“Ich hab mich schon sinnlos geprügelt, aber nicht ohne Grund.”
Noch einmal: Er ist nicht Derjeniche.
“Im neuen Jahr” hat er vor, “einiges zu verändern”: “Einige Sachen, die auch fürs Gericht vielleicht interessant sind. Positiv, versteht sich. Der Hausverkauf is’ einer dieser Sachen. Und mit dem Hausverkauf kommen noch viele, viele andere Sachen, die ich vorhab fürs neue Jahr. Ich muss mal guggn, wie des dann vor Gericht auch .. ääääh … geäußert wird, ich möchte momentan noch nicht zu viel davon preisgeben, auch nicht vor Gericht. Ich muss natürlich dem Gericht schon sagen, was Sache is’, des werd’ ich auch tun, aber ich möchte des möglichst nicht öffentlich machen.” (Das fällt dir ja alles sehr früh ein! Du hattest eigentlich lange genug Zeit, dich zu bewähren und guten Willen zu zeigen, damit brauchst du so kurz vor dem Gerichtstermin nun auch nicht mehr anzufangen - oder glaubst du wirklich, dass die Richterin sich von deinem Geschwafel blenden lässt?)
Tschautschau nach fast drei Stunden.
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Wie bereits am Vormittag in einem Communitypost auf YouTube angekündigt, erschien später am Abend auch noch ein Video zu Rainerles neuer “sneck box”:
Die Box ist “grad’ erst gekommen” und da er “schon widder ingame” ist und er deswegen später wahrscheinlich “keine Zeit finden” wird, sich um das Auspacken zu kümmern, macht er es lieber direkt.
Eine neue Folge “Lustlord” wird er heute auch noch hochladen. (Das blieb uns zum Glück dann doch erspart.)
Letzten Monat hat er gar keine Box bekommen, obwohl er “eigentlich für 12 Monate bestellt” hat: “Wobei ich daran noch was ändern muss, weil 12 Monate werd’ ich ja jetzt nicht mehr bekommen können, weil ich ja nicht mehr hier wohne. Da muss ich dann noch was an der Adresse ändern … äh … beziehungsweise im nächsten Jahr wird des noch 'n bisschen triggicher.” (Wenn du über keinen festen Wohnsitz mehr verfügst oder dein Dasein hinter schwedischen Gardinen fristest, könntest du die Box doch einfach an deine richtig echte Freundin schicken lassen.)
“Wir ham dieses Mal aus Stockholm bekommen, also wird’s wohl 'n bisschen Wikingerstyle sein.”
Das unmotivierte Auspacken beginnt: Rainerle hält die Süßigkeiten in die Kamera und liest stotternd die dazugehörigen Beschreibungen vor. (Die Süßigkeiten sind übrigens alle nichts Besonderes und so oder in ähnlicher Form beim Möbelschweden oder sogar im Supermarkt erhältlich.)
Ans Tageslicht befördert werden “Flips mit Käsegeschmack”, Kartoffelchips mit Dill und Schnittlauch, “Zingo Järgduck” (“Zingo Jordgubb”, eine zuckerfreie Limonade mit Erdbeergeschmack), “Kuhl Hallonskell … -skille … -smugg … -skumm … -skamm …” (Schaumzuckertotenköpfe), “Maispuffer getrunkt in Klo-étas” (er meint “Cloetta”, eine schwedische Süßigkeitenfirma, die für ihre Schokolade bekannt ist), “Smarties Buttohns” (“Smarties Buttons”), “Fitzipopp” (“Fizzypop”, Fruchtgummi mit Kaugummigeschmack), “Schnüre aus Colageschmack” und “'ne Tafel Schokolade, da steht […] 'Bloppkaka […] Parrot’ drauf” (Cloetta “PLOPP”-Schokolade mit kandierten Mandeln).
Rainerle lässt sich tatsächlich dazu herab, das “Getränk” zu probieren: Es “schmeckt subber”, ist aber “'n bisschen gewöhnungsbedürftig”.
Eigentlich wollte er auch noch “die Smarties” verkosten, doch dann fällt ihm auf, dass er seine Haargummis verloren hat, worüber er sein Vorhaben leider vergisst.
Tschötschö.
Mensch, das war ja mal wieder ein Tag voller Qualitätscontent!
Ich bin sicher, davon (und von deinen geheimen Plänen für das kommende Jahr) wird sich die Richterin ganz schön beeindrucken und Milde walten lassen!
Lel. Als ob.
Bleiben wir noch etwas im Land der Zimtschnecken und werfen einen schnellen Blick auf die Nobelpreise:
Gestern wurde verkündet, dass der diesjährige Literaturnobelpreis an den in Großbritannien lebenden Tansanier Abdulrazak Gurnah geht, “for his uncompromising and compassionate penetration of the effects of colonialism and the fate of the refugee in the gulf between cultures and continents”.
Da finde ich fast noch am interessantesten, das all seine Bücher schon seit Jahren vergriffe sind und mit “Die Abtrünnigen” die letzte deutschsprachige Übersetzung eines seiner Werke im Jahre 2006 erschienen ist.
Mal schauen ob die Verlage es noch rechtzeitig schaffen, sich die Rechte an den Büchern zu sichern, bevor der “Hype” wieder abflaut …