“Viele von euch nehmen viele Sachen viel zu selbstverständlich.”
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Der Mittwoch begann für unseren speckigen Speditionsexperten mit einem “Stream Statt Volg”, in dem er mal wieder gravierende Änderungen zu Ungunsten der Hater ankündigte, Liebesschwüre an seine Freundin richtete und ein Referat über Lieferketten und den Beruf des Truckers hielt:
Rainerle hockt schweigend auf seinem reparierten Stuhl und gönnt sich einen Schluck Energy.
“Ich bin ein bisschen nachdenklich grade.” (Rückt der Gerichtstermin etwa tatsächlich näher?)
Heute ist er um 9:30 Uhr aufgestanden.
Worüber er nachdenkt? Über seine “Zukunft”.
Immer sonntags soll es einen Stream nur für Zahlschweine geben.
Einen Vlog möchte er heute nicht aufnehmen, weil er gerade so “aufgekratzt” ist. (Gerade warst du doch noch so nachdenklich?)
Wechsel zur Überwachungskamera: “Idioten sind auch scho’ widder unterwegs.”
Rainerle liest eine Chatnachricht vor, in der behauptet wird, dass ihm bald seine Gumbls, mit denen er immer daddelt, weggenommen werden sollen. Die Reaktion: “Dann würde ich sagen, geh sterben, Junge, such’ dir mal ‘nen Tschopp und wenn du so viel Freizeit hast, dass du anderen Leude drohen kannst, […] würd’ ich sagen, du hast zu viel Freizeit und solldest dir in dei’m Leben 'n bisschen mehr Sachen suchen, wo du arbeiten gehst, bevor du anderen Leuten drohst.” (Dito.)
“Für die Hater wird sich bald ziemlich viel ziemlich krass ändern.” (Wenn du damit meinst, dass du kein “Mett” mehr lieferst, weil du im Knast sitzt: Schön wär’s!)
“Die Hater werden definitiv ihr Fett weg kriegen. Freu’ mich schon drauf.” (Das kündigst du ja nun auch schon seit Jahren an, lel.)
Seine Freundin geht es gut und “natürlich” hält sie auch zu ihm.
“Ich hab auch schon öfter vorgehabt, mit YouTube aufzuhören.”
Seine Karriere auf YouTube hat er bisher nicht beendet, weil er sonst “in irgendeiner Firma schimmeln und irgendwelchen Scheiß bauen” würde.
Er träumt mal wieder von einem Job im Medienbereich als “Bearbeiter” oder “Skriptschreiber” … (Vielleicht hat Pixar ja noch eine Stelle für dich frei.)
Sein höchster monatlicher Verdienst in einem Angestelltenverhältnis belief sich damals auf 1.400€. So viel, wie er aktuell verdient, hat er noch nie bekommen.
“Ich respektier’ alle Trucker.” Aber da er gesehen hat, was sein Vater in dem Job verdient hat, hat er “gehofft […] irgendwann mit YouTube mehr Geld zu verdienen”. (Aber du wolltest YouTube doch nur machen, um deine Freunde zum Lachen zu bringen! Hast du das etwa schon wieder vergessen?)
Rainerle verlässt seinen Stuhl, um eine Milchschnitte zu holen, anhand derer er uns deutlich machen möchte, wie viel “Arbeit” hinter alltäglichen Dingen steckt: “In einer Milchschnitte steckt unfassbar viel Arbeit!” (Du solltest lieber mal darüber nachdenken, wie viel Arbeit DU deiner Umwelt so bereitest und vor allem, wie viele unnötige Kosten DU damit verursachst, anstatt hier über irgendwelche Lieferketten und Herstellungsprozesse zu philosophieren. Bei dir läuft doch wirklich gehörig was schief.)
“Viele von euch nehmen viele Sachen viel zu selbstverständlich.” (Das sagt ausgerechnet derjenige, der wie selbstverständlich davon ausgeht, dass fremde Leute für seinen Lebensunterhalt aufkommen und ihm Geschenke schicken.)
Die Milchschnitte wird mit zwei Bissen verschlungen und mit einem Schluck Müllermilch heruntergespült.
“Viele von euch vergessen heutzutage, was ihr alles Leuten zu verdanken habt, wie zum Beispiel Truckern.” (Ja, dich haben wir einem Trucker zu verdanken!)
Aufzählung aller möglichen Dinge, die wir ohne Trucker nicht hätten: “Ihr hättet noch nicht mal Klopapier, um euch die Scheiße abzuwischen.” (Es soll ja Leute geben, die nach jedem Stuhlgang erst mal duschen gehen müssen …)
“Ich glaube nicht, dass es irgendwann selbstfahrende Audos gibt, die wirklich da hinfahren, wo se hinfahren sollen.” (Naja, irgendwie gibt es die ja jetzt schon. Und ich rede nicht von Teslas.)
Wenn immer mehr Maschinen eingesetzt werden, wird das dazu führen, “dass die Menschheit irgendwann verblödet”. (Dafür muss man eigentlich nur deine Videos konsumieren.)
“Wird ein Schüler in der Zukunft lernen, wenn alles automatisiert is’ und er keinen Beruf ergreifen muss, weil er im Prinzip den Arsch nachgetragen bekommt - muss jemand dann noch lesen lernen? Wohl kaum? Muss jemand noch Mathematik lernen, wenn alles von Taschenrechnern gerechnet wird oder von Gombjudern? Wohl kaum.” (Bist du etwa der erste Proband dieses Pilotprojekts?)
“Heutzutage” werden “viele Sachen” nur noch digital festgehalten und “nicht mehr auf Papier”, aber was passiert dann, “wenn der Strom ausfällt”?!
“Menschen tendieren auch dazu, arrogant zu sein.” (Das sieht man ja an dir.)
Wechsel zur Überwachungskamera, dazu gibt’s die üblichen Sprüche und einen Anruf bei der Polizei.
“Ich äußere mich nicht abfällig über Arbeitslose, ich äußere mich abfällig über Hater.”
Rainerle flirtet nicht mit Polizistinnen, denn er hat “ja schließlich 'ne Freundin”. (Da haben die Damen bei der Polizei ja noch mal Glück gehabt.)
“Ich lieb’ dich, Schmusemaus!”
“Soll ich meiner Freundin live 'n Heiratsantrag machen?” (Unbedingt. Das gab es ja noch nie!)
Pause, weil der Hermesbote kommt.
Rainerle kehrt (mit Paketen beladen wie Sam Porter Bridges) zurück und lässt sich auf seinen Stuhl fallen.
Geschimpfe über “die kleinen Spastis” vor seinem Tor, während er sich mit dem Auspacken der Pakete befasst.
Wegen seiner “Luftpistole” haben die Hater ihm “die Polizei auf den Hals gehetzt”, doch “die Polizei war äußerst cool, weil die sind hergegangen, ham sich die angeschaut, ham gesacht, die müssen wer prüfen” und es “wurde festgestellt”, dass Rainerle die Pistole besitzen und auch “damit schießen” darf, “solange die Kugel das Grundstück nicht verlässt”: “Und was is’ passiert? Die Polizei hat die Waffe trotzdem beschlagnahmt. […] Die ham die Waffe beschlagnahmt, weil ich geschossen hab, während ich mich hab filmen lassen. […] Der Witz is’, wenn ich die Hater anzeige, weil se mich filmen, heißt es, des dürfen se, solange se des nicht veröffentlichen. Und wenn ich mich dann filmen LASSE - WHAT?!” (Wirklich absolut unverständlich, dass man dir diese Waffe abgenommen hat, obwohl du quasi immer die Ruhe selbst und niemals aggressiv oder gar gewalttätig bist!)
Bei der Auspackorgie kommen Seile und Rödeldraht zum Vorschein. (An der Stelle sei übrigens mal erwähnt, dass Rainerle sein Tor mittlerweile mit NATO-Draht dekoriert hat. Mal sehen, wann er sich das erste mal selbst daran verletzt und dann behauptet, er wäre von Hatern angegriffen worden.)
Die Lordschaft diktiert seinen Drachis eine Einkaufsliste mit dringend benötigten Gegenständen: “Zibbo-Feuerzeugbenzin”, “Zibbo-Feuerstein”, “Schnitzsachen”, noch mehr “Seil”, Batterien, Schweißgerät, Schlagbohrer …
Sobald seine “kleine Schmusemaus” Zeit zum “Schnacken” hat, wird er den Stream beenden. (Na hoffentlich bald, ich kann es kaum erwarten!)
“Jetzt kommt die Polizei. JETZT.”
Tschötschö nach einer Stunde und 19 Minuten.
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Das Gespräch mit der Freundin währte leider nicht besonders lange, denn nur zwei Stunden später schwang Rainerle sich erneut vor die Webcam, um uns an der “Doku Hater bei Drachenlord” teilhaben zu lassen:
Es findet mal wieder eine Liveübertragung der Überwachungskamera statt.
Seit 14:08 Uhr wartet Rainerle auf die Polizei.
“Da fliegen widder die ersten Eier.”
Wir hören die Besucher nach Herrn “Winklaaaa” rufen, da dieser uns “die Audiovoice mithören” lässt, weil “vernünftich dokumentiert werden” soll, was die Hater “abziehen”.
Die Überwachungskamera wird weggeklickt, doch Rainerle spielt weiter die übliche Platte ab.
Kopf in den Nacken, Augen schließen und Mana tanken vor dem Strandhintergrund inklusive Wellenrauschen.
Zeit für die Einnahme seines homöopathischen Wundermittelchens.
Herumgetippe auf dem Handy.
Dann: “Nehmt’s mit nicht übel, aber ich bin mega im Eimer.” (Huch, gibt’s Stress mit deiner Freundin?)
Gerade hat er noch ein neues “Kommends”-Video hochgeladen. (… das übrigens Absolut langweilig ist. Das einzig “Interessante” darin ist, dass er mal wieder seinen angeblichen Umzug anteasert und erklärt, dass die Polizei kommt, um das gesamte Dorf und nicht nur ihn zu schützen, denn er könnte sich schließlich selbst verteidigen: “Komm ruhig hierher, wenn du meinst. Der Letzte, der auf mei’m Hof war, den hab ich umgetacklet.” Na, wenn das nicht schon wieder eine waschechte Aufforderung war …)
“Es tut mir leid, ich bin einfach so im Arsch grad” und ein leidendes Tschötschö nach einer knappen halben Stunde.
Ja, dann bleib doch endlich weg!
Da kann man wirklich nur hoffen, dass deine süße Fuffelmaus dich den Rest des Tages so gut auf Trab hält, dass du keine Zeit dafür hast, noch mehr Unsinn ins Netz zu blasen …